Aus unserer Reihe: Allgemeines Programm

Neumann, Wolfgang / Süfke, Björn

Den Mann zur Sprache bringen

Psychotherapie mit Männern

2004 , 280 Seiten

ISBN 978-3-87159-052-8

24.80 Euro

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Die Schwierigkeiten und Problemlagen von Männern sind häufig ganz andere als die von Frauen. Von daher bedarf es im psychotherapeutischen und auch beraterischen Kontext einer männerspezifischen Herangehensweise, die diesen speziellen Schwierigkeiten Rechnung trägt. Diese Idee durchzieht das sehr praxisorientierte Buch der beiden Autoren Wolfgang Neumann und Björn Süfke. Die Leser*innen dürfen in dem theoretisch fundierten, aber gleichzeitig sehr unterhaltsam und liebevoll geschriebenen Werk bei der Arbeit der beiden Autoren über die Schulter sehen und bekommen einen unmittelbaren Eindruck in die Prozesse, wie der männliche Klient hilfreich zum Sprechen und so seine innere Welt zur Sprache gebracht wird. Ein außerordentlich lesenswertes Buch für alle, die mit Männern therapeutisch oder beraterisch arbeiten, aber auch für alle, die mehr über „den Mann" und seine Besonderheiten erfahren wollen.

 

Inhalt:

Teil 1: Den Jungen zur Sprache bringen -
Männliche Sozialisation und ihre Konsequenzen

Kapitel 1: „Das Dilemma der Männer ...“ –Jungensozialisation
• Die gesellschaftliche Dimension: „Gendering“ in Richtung „hegemonialer Männlichkeit“
• Die innerpsychische Dimension: Durch das „Verwehrtsein des Selbst“ zur „Inkongruenz“
– „Fliegende Rochen“: Frühe Trennung von der Mutter
– „Nun sei doch kein Mädchen!“: Umweg-Identifikationen

Kapitel 2: „... und wie sie damit umgehen“ – Bewältigungsprinzipien des Mann-Seins
• Bewältigung des Mann-Seins
• Grundprinzipien der Bewältigung des Mann-Seins
– Externalisierung
– Alleinsein – Rationalität
– Kontrolle
– Körperferne – Gewalt und Benutzung

• Konsequenzen der Externalisierung
– Konsequenz 1: Von der Hilflosigkeit zur Macht
– Konsequenz 2: Von der Gefühlsferne zur Abstraktion
– Konsequenz 3: Die Ambivalenz gegenüber Frauen


2: Den Mann zur Sprache bringen – Grundzüge der Psychotherapie mit Männern

Kapitel 3: „Männer-Sprechstunde“ – der therapeutische Umgang mit Männern
• Das Ziel: Zurück zum Dilemma oder „Die beschützte Hilflosigkeit“
• Der Weg: Das Überwinden der Externalisierung durch therapeutisches Sprechen
– Kontaktaufnahme
– Wecken von Interesse am neuen Sprechen Der „Bumerang-Effekt“
Die „Konzeptverwirrung“ gegen die künstliche Vereinsamung
Der therapeutische Humor als Türöffner

– Treffen einer Übereinkunft mit dem Klienten

• Die Schritte: Wie wir den Mann zur
Sprache bringen – Herausfordern der männlichen Bewältigungsprinzipien
Externalisierung
Stummheit
Alleinsein
Rationalität
Kontrolle
Körperferne
Gewalt und Benutzung

– Den Jungen zur Sprache bringen
– Nutzen weiterer Bilder
– Arbeit mit dem Vater-Sohn-Subsystem – Biographische Familienarbeit
– Nachsozialisation
– Nutzen der männlichen Handlungsfähigkeit – Arbeit mit „Heroen“ und „Bösewichten“
– Männergruppe

Kapitel 4: Schwierigkeiten der Psychotherapie mit Männern
• „Werde ich da etwa hypnotisiert?“: Vorurteile von Männern bezüglich Psychotherapie
• „Die Geschickten“: Mangelnde Eigenmotivation
• „Von Sonnen, Orden, Richtern und Burgen“: Falsche Erwartungen
– „Gespräche helfen nicht!“
– „Und wann wird mein Problem dann verschwunden sein?“
– „Schuld bin immer ich!“ bzw. „Schuld sind immer die anderen!“
– „Wer ist denn nun das Problem?“

• „Ich bin das nicht gewohnt, so zu reden!“: Der Kultur-Schock der therapeutischen Situation
– Widerstand als Folge des Kultur-Schocks 1:
Sabotage, intellektuelle Debatten, Konkurrenz
– Widerstand als Folge des Kultur-Schocks 2: „Das Kneipengespräch“
– Die Überwindung des Widerstands 1: Vertrautwerden mit dem Terrain „Psychotherapie“
– Die Überwindung des Widerstands 2: „Das Terrier-Prinzip“

• „Dem Therapeur ist nichts zu schweur!“: Anforderungen an den Männertherapeuten

Kapitel 5: Psychotherapie mit männlichen Jugendlichen
• Besonderheiten der Rahmenbedingungen
– Fehlende Therapiemotivation
– Erstkontakt
– Vertrauensaufbau
– Geduld und Bodenhaftung

• Besonderheiten des therapeutischen Vorgehens
– Methodenvariabilität
– Rollenflexibilität
– Hilfe beim Erwachsen-Werden

• Besondere Schwierigkeiten
– Die Ambivalenz des Jugendlichen
– Die Ambivalenz des Jugendlichen-Therapeuten


Teil 3: Wenn Männer sprechen – Beispiele therapeutischer Gespräche mit Männern
Kapitel 6: Zum Beispiel mein Herr Neumann
Kapitel 7: „Bitte, meine Herren, sprechen Sie!“
• Zum Beispiel mein Herr Ostermann
• Zum Beispiel mein Herr Wiedemann
• Zum Beispiel mein Herr Pückelmann
• Zum Beispiel mein Herr Hogemann
• Zum Beispiel mein Herr Füchtermann
• Zum Beispiel mein Herr Buschmann
• Zum Beispiel mein Herr Dubermann
• Zum Beispiel mein Herr Trautmann
• Zum Beispiel mein Herr Gramann
• Zum Beispiel mein Herr Robmann
• Zum Beispiel mein Herr Kutzelmann
• Zum Beispiel mein Herr Cielmann
• Zum Beispiel mein Herr Weißmann
• Zum Beispiel mein Herr Straumann
• Zum Beispiel mein Herr Tomani
• Zum Beispiel mein Herr Reichelmann
• Zum Beispiel mein Herr Sundermann
• Zum Beispiel mein Herr Fiemann

Zwischenspiel

• Zum Beispiel mein Herr Kammann
• Zum Beispiel mein Herr Sattmann
• Zum Beispiel mein Herr Sommermann
• Zum Beispiel mein Herr Mustermann
• Zum Beispiel mein Herr Kohlmann
• Zum Beispiel mein Herr Braumann
• Zum Beispiel mein Herr Lechtermann
• Zum Beispiel mein Herr Fresemann
• Zum Beispiel mein Herr Vordermann
• Zum Beispiel mein Herr Haumann
• Zum Beispiel mein Herr Johanningmann
• Zum Beispiel mein Herr Kehlmann
• Zum Beispiel mein Herr Tiefmann
• Zum Beispiel mein Herr Angelmann

Endspiel


Inhaltsverzeichnis als pdf-Download

Rezensionen:


Die therapeutische Männerarbeit von Neumann & Süfke basiert auf einer schlichten Hypothese: »Männer verlieren im Laufe ihrer Kindheit/Jugend immer mehr den Zugang zu ihren eigenen Impulsen. Um diesen Zugang wiederherzustellen, müssen wir den Mann zur Sprache bringen!« Die darin enthaltene Doppeldeutigkeit ist gewollt:
Den Mann zum Sprechen bringen und ihn anleiten, sein Selbstverständnis als Mann zu symbolisieren.
In Teil 1 wird dargestellt, wie der Zugang zur inneren Welt in der Kindheit nach und nach verloren geht. Neben gesellschaftlichen und familiären Ursachen wird das psychische Dilemma von Jungen beleuchtet, wie diese in Ermangelung männlicher Identifikationsfiguren und in Abgrenzung zur Mutter »externalisierende« Bewältigungsstrategien erlernen.
Im Teil 2 wird eine vielschichtige Psychotherapie mit Männern entworfen, die eklektisch keine »Sprechverbote« kennt, doch in den Grundzügen personzentriert und systemisch ist – mit einer gehörigen Portion Humortherapie. Es wird dargestellt, wie eine schützende Beziehung hergestellt werden kann, damit der »ganze Kerl« nicht gleich wie der aus dem bedrohlichen Gefühlsdschungel der Therapie flüchtet. Es werden umfangreich und anschaulich therapeutische Methoden zur Förderung von eher internalisierenden Lebensstrategien illustriert. Schließlich wird auf die Besonderheiten in der Arbeit mit Jugendlichen eingegangen, v.a. die Anforderungen an die Geduld und Glaubwürdigkeit des Therapeuten.
In Teil 3 wird in 33 Kasuistiken unverblümt Einblick in die Praxis der Autoren gegeben. Der vorher skizzierte Therapieansatz wird noch lebendiger, wenn man Neumann & Süfke gewissermaßen in sensu bei der Arbeit über die Schulter schaut.
Die Autoren bieten keine kopierbaren Patentrezepte. Vielmehr wird es der Offenheit, dem Mut und der Lust der Fachmänner und -frauen überlassen, die gebotenen vielfältigen Anregungen in der eigenen Praxis auszuprobieren. So richtet sich das Buch an ein mit beiden Beinen im Leben stehendes Fachpublikum, das Bereicherung für einen herausfordernden Berufsalltag sucht. Der Rezensent machte selber die Erfahrung, dass Impulse aus dem Buch überraschend in seiner therapeutischen Arbeit auftauchten und sich kreativ entfalteten.
Neumann und Süfke haben ein Männerbuch geschrieben und als (Fach-) Mann erhält man vielschichtige und sympathische Einsichten in die Abgründe des eigenen Geschlechts. Gleichwohl dürfte das Buch auch für Fachfrauen überaus spannend sein. Der Rezensent möchte allerdings warnen: frau könnte eher er nüchtert sein, dass Männer im Grunde doch nicht viel anders funktionieren als Frauen ... wenn, ja wenn sie erst einmal zur Sprache gebracht werden!

Jens Flassbeck
in: Psychosoziale Umschau 2/2004, S. 50



Das Schweigen der Männer... kann behoben werden: Ein Buch über typische Probleme in der „Männertherapie“

[…] Neu an diesem Buch ist, dass nicht Frauen die Männer auffordern, sich zu ändern. Zwei Geschlechtsgenossen übernehmen hier das Reflektieren, das Argumentieren und das Vormachen. Die Autoren führen alte Missstände des Mannseins vor Augen und rufen zu Veränderungsprozessen auf, die die biopsychosoziale Gesundheit und Ganzheit von Männern fördern. […]

Anne Lützenkirchen
in: Psychologie Heute 6/2005, S. 80



„Männer verlieren im Laufe ihrer Kindheit/Jugend immer mehr den Kontakt zu ihren eigenen Impulsen.“ Mit dieser These beginnen Wolfgang Neumann und Björn Süfke ihr Buch über die Psychotherapie mit Männern und stellen die Frage, wie die Männer (und auch männlichen Jugendlichen) im Therapiezimmer unterstützt werden können, um diesen Kontakt zu ihrer inneren Welt wiederherzustellen. Zur Beantwortung dieser Kernfrage tragen die Autoren zunächst theoretische Grundlagen für die therapeutische Arbeit mit Männern zusammen und stellen dann das konkrete Vorgehen im therapeutischen Prozess dar. Dabei illustrieren sie anhand zahlreicher Fallbeispiele immer wieder auf humorvolle Art und Weise ihre eigenen therapiebegleitenden Gefühle und Gedanken. Sie machen sich dabei an keiner Stelle über ihre Klienten lustig, sondern schaffen es, über sich selbst und nicht über, sondern mit ihren Klienten zu lachen.
Teil eins bietet den mit Männern und männlichen Jugendlichen arbeitenden Psychotherapeutlnnen in knapper Form theoretische Grundlagen zur männlichen Sozialisation und zu den Bewältigungsprinzipien des Mann-Seins. Die Autoren haben „das Rad nicht neu erfunden“, also keine eigenen, neuen Theorien zum männlichen Sozialisationsprozess entwickelt, sondern bestehende Ansätze (insbesondere das Sozialisationsmodell von Böhnisch und Winter, 1997) prägnant zusammengefasst. Sie zeigen auf, wie der Zugang zu den eigenen Bedürfnissen und Gefühlen im Laufe der Jungensozialisation (etwa durch den Prozess des „Gendering“) verloren geht und wie dieser Mangel-Zustand auch bei erwachsenen Männern aufrecht erhalten bleibt, z.B. durch Prinzipien der Externalisierung (Männer reden lieber über den neuen DVD-Player als über Partnerschaftsprobleme) oder durch Stummbleiben (Männer reden am liebsten gar nicht über Persönliches).
Neumann und Süfke gelingt es, strukturiert, übersichtlich und leicht verständlich, die Fachliteratur zu dieser Thematik stringent zusammenzufassen und eigene therapeutische Handlungsansätze aufzuzeigen — womit sie demonstrieren, dass etwa der männliche Sozialisationsprozess der Kontrolle auch etwas Positives an sich hat.
In Teil zwei, dem inhaltlichen Schwerpunkt ihres Buches, stellen die Autoren ihre Grundzüge der Psychotherapie mit Männern dar. Sie beleuchten (und erhellen) die Frage, wie sie Männern dabei helfen, den verschütteten Zugang zu ihren Gefühlen wieder zu öffnen, nämlich indem sie ihnen in einem Prozess positiver Nachsozialisation ein „neues Sprechen“ beibringen und dann mit den Männern im therapeutischen Raum deren vergrabene Impulse „zur Sprache bringen“.
Eindrucksvoll ist, wie Neumann und Süfke zu den Männern in der Therapie Kontakt aufnehmen, wie sie deren Interesse am Sprechen (wieder) wecken. Die Ehrlichkeit und Echtheit des Therapeuten, den Klienten ernst zu nehmen und die humorvolle Betrachtungsweise des therapeutischen Prozesses (also des Klienten, des Therapeuten und ihrer gemeinsamen Beziehung) sind die Schaufeln und Bagger zu den verschütteten Impulsen der Männer. Die Autoren beschreiben, wie sie in der Therapie ein „Treffen“ zwischen dem Mann und dem Jungen, der er gewesen ist, arrangieren oder auch den Vater des Mannes in die Therapie einladen — und auch, wie sie die beständige männliche Handlungsbereitschaft therapeutisch nutzen. Sie berichten von ihren Erfahrungen mit Männergruppen, der Therapie mit männlichen Jugendlichen u.v.m. In diesem Teil des Buches hat man als Therapeutln immer das Gefühl, Handlungswerkzeuge an die Hand zubekommen, die man in der Therapie mit Männern wirklich erfolgreich nutzen kann. Und erfolgreich meint immer: Der Mann findet den Zugang zu seinen Impulsen wieder.
Im dritten Teil stellen die Autoren anhand zahlreicher Fallbeispiele praktisch dar, wie die therapeutische Arbeit mit Männern konkret aussieht, wie sie erfolgreich gestaltet werden kann. Neumann beweist in diesem Teil des Buches erneut sein schriftstellerisches Talent (s. auch „Als der Zahnarzt Zähne zeigte“, 1996 oder „Dem Therapeur ist nichts zu schweur“, 2002). Anders als in seinen vorhergehenden Büchern sind die therapeutischen Geschichten diesmal jedoch in einen theoretischen Hintergrund eingebettet, so dass sein therapeutisches Vorgehen nachvollziehbar und verständlich wird. Humor als therapeutisches Mittel wird sichtbar und spürbar, man kann die Emotionen und Gedanken des Therapeuten als wesentliche Mittel im therapeutischen Prozess erfahren.
Neumann und Süfke haben ein Buch geschrieben, das nicht nur rein fachlich-sachlich zu lesen ist, denn zumindest als Mann wird man sich immer wieder dabei ertappen (zunächst verstohlen heimlich), die Parallelen in seiner eigenen Sozialisation zu suchen und dann die männlichen Bewältigungsprinzipien bei sich selbst zu entdecken, z.B. die Angst vor zwischenmenschlich nahem Kontakt und die gleichzeitige Sehnsucht danach. So haben die Autoren eben nicht ein Buch geschrieben, das uns männlichen Lesern erneut erlauben könnte, uns von unseren Wünschen, Träumen, Gefühlen und Impulsen zu distanzieren und fachlich-sachlich den therapeutischen Prozess als solchen zu analysieren — als wären wir keine Männer und als würden wir den Schmerz, die Kälte, die Wärme, die Sehnsucht selbst nicht spüren. „Den Mann zur Sprache bringen“ bedeutet eben nicht nur, den Klienten zur Sprache, zum Sprechen zu bringen, sondern auch den Therapeuten zur Sprache zu bringen. Es bedeutet, uns nicht erneut von uns selbst zu distanzieren, indem wir uns hinter Theorien und Expertenwissen verstecken, uns bemühen, die therapeutische Situation zu kontrollieren und den männlichen Klienten zu beweisen, dass Männer die besseren Männer sind, wenn sie ihre Hilflosigkeit verbergen, ihre eigenen Gefühle ignorieren und Macht ausüben, etwa indem sie den Klienten sagen, wo es lang geht. Neumann’s und Süfke’s Buch macht Spaß und es berührt. Von welchem psychotherapeutischen Fachbuch kann man das sagen?

Stefan Reinisch
in: Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung 2/2004, S. 127-128

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