Aus unserer Reihe: Beratung

Großmaß, Ruth / Püschel, Edith

Beratung in der Praxis

Konzepte und Fallbeispiele aus der Hochschulberatung

2010 , 296 Seiten

ISBN 978-3-87159-713-8

22.80 Euro

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„Die Autorinnen legen hier ein Grundlagenwerk vor, dass den bis dato erreichten Entwicklungs-
stand abbildet: theoretisch-konzeptionell und praktisch im Hinblick auf Methoden, Settings
und Formate professioneller Beratung an Hochschulen. ... Gerade weil Großmaß und Püschel
im Hinblick darauf, was Beratung an Hochschulen leisten kann und soll dezidiert
Standards setzen, stellt ihr Buch eine gute Ausgangsbasis zur Selbstklärung dar.“

(Swantje Lahm, Das Hochschulwesen, 6/2010)

 

Die beiden Autorinnen – in Forschung wie Praxis der Hochschulberatung ausgewiesen – zeigen exemplarisch das breite Spektrum von Tätigkeiten auf, das Beratung ausmacht.

 

Im Zentrum steht die Kommunikation mit den Studierenden: Ihre Fragen und Schwierigkeiten mit den feldspezifischen Anforderungen der Institution Universität sowie der Lebenssituation „Studium“ werden mit Fallbeispielen erläutert und fachkundig analysiert. Beratungsmethoden für Einzelgespräche, Gruppen oder Konzepte für die prophylaktische Arbeit (Coaching, „jour fixe“, Kompetenztrainings) werden vor diesem Hintergrund nicht nur anschaulich beschrieben, sondern auch fachlich begründet.

 

Da die Universität einen großen und zugleich relativ geschlossenen sozialen Raum darstellt, lässt sich hier eine wichtige Ressource professioneller Beratung besonders gut aufzeigen: Beratungsstellen bleiben nicht beim Individuellen des Einzelgesprächs stehen, sondern bringen ihre Erfahrungen und spezifische Kompetenz in die Institution und das soziale Feld Hochschule ein, indem z.B. Rückmeldungen an Entscheidungsgremien erfolgen, Vernetzungen stattfinden oder Supervisionsangebote entwickelt und angenommen werden.

 

Das Buch kann nicht nur als Basisliteratur für die Hochschulberatung dienen, sondern auch als Anregung für andere Beratungsfelder herangezogen werden.


Über die Autorinnen

Ruth Großmaß, Prof. Dr.; Studium der Fächer Philosophie, Germanistik und Pädagogik; langjährige Praxis in der Hochschulberatung (Universität Bielefeld); seit 2004 Professorin für Ethik und Sozialphilosophie an der Alice-Salomon-Fachhochschule Berlin.

Forschungsschwerpunkte: Beratung, Ethik sozialer Interventionen, Gendertheorien

 

Edith Püschel, Dipl.-Psych.; Psychologische Psychotherapeutin, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Zentraleinrichtung Studienberatung und Psychologische Beratung der Freien Universität Berlin; Lehrtherapeutin, Supervisorin und Dozentin für Tiefenpsychologie an der Berliner Akademie für Psychotherapie.

Forschungsschwerpunkte: Beratung, Arbeitsstörungen, Adoleszenzkonflikte


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Leseprobe:

Vorwort

In einer sich rasch verändernden Welt finden sich auch lange etablierte Beratungsangebote in neuen Aufgaben und Funktionen wieder, vor neuem Klientel mit anderen Bedürfnissen und sie geraten in Veränderungsdruck von innen wie von außen. Das ist nicht nur in der Hochschulberatung der Fall, der sich dieses Buch widmet. Es gilt für die unterschiedlichen Beratungsdienste, die den Menschen heute in nahezu allen Lebenssphären Unterstützung und Hilfe anbieten. In dieser Entwicklungsphase professioneller und institutionalisierter Beratung bedarf es vor allem einer gewissenhaften und offenen empirischen Analyse und theoretischen Reflexion bisheriger Beratungserfahrungen und -leistungen als zentrale Bausteine, um neue Beratungsperspektiven zu entwickeln.
Ein Buch, über das sich Reihenherausgeber freuen!
Ruth Großmaß und Edith Püschel legen mit „Beratung in der Praxis – Konzepte und Fallbeispiele aus der Hochschulberatung“ ein im wahrsten Sinne des Wortes „einmaliges“ Werk zur Beratung vor. Noch nie (zumindest im deutschsprachigen Raum) ist es Autorinnen gelungen, Beratungskonzepte – also (makro-, meso-, mikro-)theoretische Grundlagen von Beratung – so systematisch konsequent, so nah und thematisch dicht sowohl in die spezifischen Beratungskontexte (hier das System und Setting Hochschule) einzubinden, als sie auch auf dem Hintergrund der verschiedenartigen Beratungsfunktionen und -ziele, der primären Zielgruppen, der Bedarfe und Bedürfnislagen zu diskutieren.
Insbesondere aber gelingt hier die immer schwierige Vermittlung einer theoretischen Reflexion beraterischer Handlungsrahmen und -modelle mit der Analyse einer professionellen Handlungspraxis ebenso stimmig wie umfassend. Nur Autorinnen wie Ruth Großmaß und Edith Püschel – Grenzgängerinnen zwischen (Beratungs-)Wissenschaft und (Beratungs-)Praxis in einem Feld Hochschule, in dem ihre Arbeiten sich idealtypisch tangieren und überlappen, langjährige Mitgestalterinnen, Akteurinnen und doch auch (selbst-)distanzierte und (selbst-)reflexive Beobachterinnen der Entwicklung von Hochschulberatung – können diese Aufgabe so authentisch und überzeugend erfüllen.
Unpublizierte Berichte und graue Papiere, Arbeitsmaterialien sowie Planungs- und Gestaltungsentwürfe aus einem inzwischen über dreißig Jahre professionalisierten Beratungsfeld und aus zwei wichtigen Standorten dieser Entwicklung erweisen sich als ideale Quellen der Rekonstruktion psychosozialer Beratungspraxis. Fassettenreiche Fallstudien, detaillierte Projektberichte und nachvollziehbare Beratungserzählungen bleiben hier nicht lediglich auflockernde Vignetten und Illustrationen. Sie vermitteln vielmehr ein- und nachdrücklich, wie dieses Beratungssystem entstanden ist und agiert: mit welchen theoretischen und methodischen Fundierungen, mit und für wen und in welchen Zuständigkeiten, mit welchen Aufgaben, Zielvorstellungen, Settings und Arbeitsformen, im Rahmen welcher Einflusskräfte und Veränderungstrends.
Insofern geht das Verdienst dieser Arbeit weit hinaus über eine konzeptionelle Einordnung und Analyse der Hochschulberatung als psychosoziale Beratung und über eine thematische wie methodische Präzisierung von Beratungshandeln an der Hochschule. Die Autorinnen liefern einen transparenten Aufweis prominenter Beratungsanlässe, -bedürfnisse und -ziele, insbesondere studentischer Klientele sowie eine system- und settingbezogene Rekonstruktion von Beratungsnachfragen und Beratungsleistungen für unterschiedliche Institutionsmitglieder. Und es gelingt ihnen eine differenzierte Durchdringung der Beziehungsdynamiken als Basis von Beratungswirkung und -wirksamkeit sowie eine netzwerksensible Aufklärung von organisatorischer und personaler Kooperation, Koexistenz und Reibung von Beratung in und außerhalb der Hochschule.
So eröffnen Ruth Großmaß und Edith Püschel Aussichten darauf, wie eine nachhaltige Entwicklung von Beratung an der Universität angesichts anstehender und absehbarer Veränderungen der Bildungs- und Wissenschaftssysteme vorstellbar wäre.
Hier wird (endlich!) ebenso theoretisch anspruchsvoll wie methodisch praktisch Beratung in ihrer Kernidentität von personen-, gruppen- und system bezogener Informa tions-, Präventions-, Bewältigungs- und Rehabilitationsunterstützung und auch in ihrem ebenso beratungstypisch großen Kranz an flankierenden Aktivitäts- und Wirkungsbereichen konkret entfaltet – exemplarisch am Beispiel Hochschulberatung, aber nicht weniger aufschlussreich für die vielen anderen professionellen und institutionellen Beratungsfelder unserer Zeit, für die diese Analysen noch anstehen und ausstehen.
Insofern leisten die beiden Autorinnen Pionierarbeit für Beratungswissenschaft, Beratungsforschung und Beratungspraxis.
Eine Beratungsprofessionalität und eine Beraterprofessionalisierung nicht nur in der Hochschulberatung brauchen genau diese Arbeiten – zwischen Theoriebildung und Methodenentwicklung – systematischer Praxisreflexion und -evaluation sowie kontextualisierter Verortung. Sie brauchen diese Quellen gerade heute in einer Zeit, in der nicht nur an der Hochschule „unter Bologna-Druck“, sondern auch in vielen anderen Beratungsfeldern „neue Beratungswelten“ entstehen, sich Beratungsaufgaben ebenso verändern wie Beratungsklientele und in denen nach einer Beratungsetablierung der 70er Jahre nun auch neue BeraterInnen-Generationen Erkanntes und Erreichtes erfahren und erlernen sollen, auch und insbesondere um selbst neue Perspektiven von Beratungstheorie und Beratungspraxis entwickeln zu können.
Danke Ruth Großmaß und Edith Püschel für dieses Buch!

Dresden, im Frühjahr 2010
Frank Nestmann


Rezensionen:

„Beratung an Hochschulen ist in den vergangenen Jahren ein wichtiges Thema geworden. Immer mehr Zielgruppen von Beratung und Coaching an Hochschulen wurden ‚entdeckt‘: waren es zunächst vor allem Studierende, so gibt es nun zunehmend Angebote für Wissenschaftler/innen – häufig differenziert nach Berufsphasen (Doktorand/innen, Neuberufene) oder Rollenanforderungen (Forschung, Lehre, Mitarbeiterführung). Gleichzeitig wandelt sich die Studien- und Lehrkultur, und es zeigt sich ein Trend zu ‚Beratung‘ als übergreifender Leitvorstellung hochschulischen Handelns. Das betrifft insbesondere auch die Anforderungen, die an Lehrende gestellt werden: sie sollen nicht allein Wissen vermitteln, sondern Studierende in Lernprozessen begleiten – im Kern also eine ‚beraterische‘ Grundhaltung einnehmen. lm Hinblick auf beide Trends – den ‚Boom‘ von Beratung an Hochschulen und den Wandel der Leitvorstellungen von guter Lehre – gibt es Orientierungsbedarf: Was kann und soll Beratung an Hochschulen leisten? Was zeichnet Hochschulberatung aus? Was ist das Feldspezifische? Was sind Qualitätsstandards? Was sind bewährte Methoden und Ansätze?

In ein vertieftes und fruchtbares Nachdenken über diese Fragen führt die Monographie von Ruth Großmaß und Edith Püschel. Die Autorinnen, beide langjährig in den Studienberatungen in Berlin und Bielefeld tätig und zugleich hoch engagiert im fachlichen Diskurs zur Professionalisierung von Hochschulberatung, legen hier ein Grundlagenwerk vor, dass den bis dato erreichten Entwicklungsstand abbildet: theoretisch-konzeptionell und praktisch im Hinblick auf Methoden, Settings und Formate professioneller Beratung an Hochschulen. Darin spiegelt sich auch das Anliegen der Autorinnen, ,,das in den vergangenen 30 Jahren entwickelte Know-How“ zu einem Zeitpunkt zur Verfügung zu stellen, in dem sich in vielen Studienberatungen ein Generationswechsel vollzieht. Die professionellen Berater/innen in den Studienberatungen sind entsprechend auch die ersten, den Aufbau des Buches bestimmenden Adressaten. Verbunden damit ist eine zentrale definitorische Engführung: Hochschulberatung ist – so wie sie von Großmaß und Püschel thematisiert wird – in erster Linie Beratung von Studierenden und Studieninteressierten (S. 29). Dennoch kann ein weitaus größerer Adressatenkreis als der der Studienberater/innen von der Lektüre profitieren. Dazu zählen insbesondere die in ihrem Rollenverständnis akut geforderten Lehrenden, sowie alle Anbieter von Beratung an Hochschulen – auch diejenigen, deren Zielgruppe nicht Studierende sind. Diese breite Relevanz ergibt vor allem durch den theoretisch gestützten Blick sowohl auf die persönlichen Entwicklungsherausforderungen von Lernenden an Hochschulen, wie auf die feldspezifischen Anforderungen, die die Institution an individuelle Akteur/innen stellt. Beispielhaft sei hier das Konzept der akademischen ‚illusio‘ von Pierre Bourdieu herausgegriffen, in die ein Studium den Autorinnen zufolge hineinführen muss: sich mit Hingabe fachlichen Themen und Fragen zu widmen und dabei, zumindest zeitweise, nicht zu fragen, ,,was man praktisch damit anfangen kann“ (S. 44). Sich auf die akademische ‚illusio‘ einzulassen, verlangt Mut und braucht Begleitung, will man nicht nur diejenigen fördern, die aufgrund ihrer Herkunft über eine ,,Kapital/Habitusausstattung“ (S. 26) verfügen, die es ihnen erlaubt, die Anforderungen von Wissenschaft leicht und selbstverständlich zu bewältigen. Es sind gerade die performativen, handwerklichen Aspekte von Wissenschaft, die oftmals implizit bleiben und so Schwierigkeiten und Probleme hervorrufen, die in Beratungen Thema werden. Lehrende und alle im weitesten Sinne an Hochschulen beratend Tätigen profitieren davon, dass Großmaß und Püschel systematisch herausarbeiten, was im einzelnen getan und gekonnt werden muss, um im wissenschaftlichen Feld erfolgreich zu sein, und zwar nicht nur indem sie theoretisches Rüstzeug als Hintergrundfolie beraterischen Handelns anbieten. Anhand zahlreicher Fallbeispiele zeigen sie, wie Konzepte aus Soziologie, Pädagogik und Psychologie (Statuspassage, Adoleszenz u.v.m.) in der Beratungskommunikation wirksam werden. Ein großer Gewinn ist darüber hinaus die praxisnahe Darstellung der Formate, die in den Studienberatungen als Unterstützungsangebote zur Bewältigung der feldspezifischen Anforderungen an Hochschulen entwickelt wurden. Lehrende finden insbesondere im Abschnitt ,,Akademisches Arbeiten“ (vgl. Kap. 2.4) eine Fülle von praktischen Ideen und Anregungen aus der Praxis der Studienberatung, die zeigen, mit welcher Grundhaltung auch Lehrende die handwerkliche Seite von Wissenschaft thematisieren können: Übungen zu Planungs- und Strukturierungstechniken (S. 125f.), Ideen zum Einsatz von Lerntagebüchern und Wissenschaftsjournalen (S. 131) sowie ganze Veranstaltungskonzepte (Workshops zu Lesetechniken und zum Umgang mit wissenschaftlicher Literatur, Schreibwerkstätten, Begleitung von Arbeitsgruppen (S. 134f).

Gerade die vorgestellten Veranstaltungskonzepte sind besonders wertvoll, weil sie anders als die gängige Literatur zu Studientechniken aufzeigen, in welchen Settings und mit welcher Grundhaltung Lehrende die handwerklichen Seiten von Wissenschaft thematisieren können.

Der besondere Reiz des Buches liegt darin, Einblicke in Beratungsarbeit an Hochschulen zu ermöglichen, wie sie im laufenden Betrieb unter dem Gebot der Vertraulichkeit nicht möglich wären. Leser/innen erhalten damit Zugang zu dem speziellen Wissen (,,alles, was in Beratungsprozessen über die akademische Welt, die Arbeits- und Studienbedingungen sowie die Bedürfnisse der Studierenden erkennbar wird“), das insbesondere aus der Position der spezifischen institutionellen Einbindung der Studienberatungen zu haben ist. Gleichzeitig liegt darin auch eine Herausforderung der Lektüre: alle nicht unmittelbar in der Studienberatung Tätigen müssen ‚Übersetzungsarbeit‘ leisten. Das mag eilige Leser/innen dazu bringen, das Buch vorschnell (,,Aha, Studienberatung“) aus der Hand zu legen. Das wäre eine verpasste Chance. Gerade weil Großmaß und Püschel im Hinblick darauf, was Beratung an Hochschulen leisten kann und soll dezidiert Standards setzen, stellt ihr Buch eine gute Ausgangsbasis zur Selbstklärung dar. Die Mühen der ‚Übersetzungsarbeit‘ lohnen in jedem Fall.“

Swantje Lahm, in Das Hochschulwesen, 6/2010


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