Aus unserer Reihe: Reihe 'Fortschritte der Gemeindepsychologie und Gesundheitsförderung'

Keupp, Heiner / Rudeck, Reinhard / Schroer, Hubertus / Seckinger, Mike / Straus, Florian (Hrsg.)

Armut und Exklusion

Gemeindepsychologische Analysen und Gegenstrategien

2010 , 304 Seiten

ISBN 978-3-87159-621-6

24.00 Euro

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Der globalisierte Netzwerkkapitalismus verändert die Lebensperspektiven der Menschen im 21. Jahrhundert. Es sind nicht nur Optionen, sondern vor allem auch neue Gefährdungslagen, die ins öffentliche Bewusstsein getreten sind. So werden Armut und Exklusion zu einer Herausforderung für gesellschaftskritische Theorie- und Praxisentwürfe.
In diesem Buch werden Inklusionswünsche und Exklusionserfahrungen von Menschen, die von Armut und prekären Lebensbedingungen betroffen sind, analysiert und reflektiert, und es wird nach den Konsequenzen für Hilfeplanung, Beratung und Psychotherapie gefragt. Aus gemeindepsychologischer Perspektive wird aufgezeigt, was notwendig ist, um der Individualisierung gesellschaftlicher Entwicklungen entgegenzuwirken und Menschen bei der Bewältigung prekärer Lebensbedingungen zu unterstützen. Gemeindepsychologische Schlüsselkonzepte wie Partizipation, Empowerment und soziale Unterstützung durch Netzwerke werden auf ihr Potenzial für den Umgang mit den neuen „alten“ Herausforderungen überprüft.
Das Buch ist in drei Teile gegliedert: Der erste Teil widmet sich der Analyse und theoretischen Rahmung, der zweite gemeindepsychologischen Konzepten und Theorien und der dritte einer gemeindepsychologischen Praxis, die Wege aufzeigt, wie der Verfestigung von Exklusion entgegengewirkt werden kann.


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Rezensionen:

„Heiner Keupp von der Ludwig-Maximilians-Universität München und den anderen Autoren ist ein sehr lesenswerter Band mit kritischen und kompetenten Beiträgen gelungen. Er bereichert die Debatte um Armut und Gerechtigkeit, indem er sowohl die psychosozialen Folgen wie die gemeindebezogenen Strategien in den Blick nimmt. Populistischen Vereinfachungen werden Interpretationen entgegengesetzt, die die Spanne zwischen Individuum und Gesellschaft nicht aussparen, sondern zum Gegenstand ihrer Reflexion machen. Die gesellschaftlichen Strukturen bilden keinen neutralen oder ,ins Reich des Bösen‘ verwiesenen Rahmen. Sie werden im Zusammenhang beschrieben, konkretisiert, bewertet und auf ihre Folgen hin diskutiert. Für die Professionellen aus den Bereichen Psychotherapie, Medizin und Soziale Arbeit bietet der Band komprimierte, theoretisch verankerte und eine Vielzahl praxisnaher Hinweise. Die Herausforderungen werden sowohl an die einschlägigen Professionen als auch an die Politik adressiert und den Lesern ein ausgezeichnetes Reflexionsniveau und Anregungspotenzial geboten.
Mit drei exemplarischen Hinweisen soll die reflexive Qualität der Beiträge veranschaulicht werden. Martin Kronauer beschreibt im ersten Beitrag den Hintergrund des sozialen Wandels mit den Hinweisen auf die Umbrüche am Arbeitsmarkt, der Schwächung traditioneller Milieus und den abnehmenden Fähigkeiten des Sozialstaates zum sozialen Ausgleich. Diese Lesart wird in den weiteren Beiträgen aufgegriffen und differenziert umgesetzt. Hubertus Schröer geht auch der Exklusion durch die Sozialpolitik nach und Heiner Keupp verweist auf die Versäumnisse in den Sozialwissenschaften sich auf die ,Ausgegrenzten‘ einzulassen und bietet mit dem Band eine Alternative.
Bedeutend erscheint mir, die konkreten Fragen weiterzuverfolgen, wie die Folgen psychosozialer Belastungen in den gesellschaftlichen Funktionsbereichen Medizin, Therapie und Soziale Arbeit bearbeitet werden. Die gemeindepsychologische Perspektive erfordert die Schnittstellenanalyse. Hier besteht ein Analysebedarf, den auch dieser Band nicht abdeckt (aber Grundlagen dafür schafft). Das Buch bietet Perspektiven, die mehr Aufmerksamkeit und Beachtung verdient hätten. Denn in einer Gesellschaft, in der exponierte und kampagnenfähige Kräfte Vorteile aus der Individualisierung von Armut, Exklusion und prekären Arbeitsverhältnissen ziehen, sind Beispiele für gelingende Gegenstrategien von überragender Bedeutung. Die Themen Armut und Exklusion aus den Kontext von Mitleid und Schuldzuweisungen heraus zu nehmen und sie als politisch und gesellschaftlich Beeinflussbare zu präsentieren, ist auch die für beteiligten Professionen von unschätzbarem Gewinn.

Fazit
Die gemeindepsychologischen Analysen und Gegenstrategien zu Armut und Exklusion sind ein bedeutender Beitrag individualisierenden Perspektiven entgegen zu wirken. Sie sind theoretisch und argumentativ transparent verankert und praxisnah ausgelegt. Der Sammelband ist sehr empfehlenswert: sowohl für Hochschulen als auch für Praxiseinrichtungen und Leser, die Anregungen und Argumente suchen, die am Einzelnen ausgerichteten Hilfestrategien zu überwinden und sowohl den direkt Betroffenen wie den indirekt Betroffenen – uns allen – zu helfen.“

Wilfried Hosemann, socialnet.de


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